Geschäftsmodel Lidl (Filial-Ebene)

Neuigkeiten und allgemeine Infos die Discounter betreffend (keine Aktionen oder Sonstiges)
Micha-Wiss
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Geschäftsmodel Lidl (Filial-Ebene)

Beitrag von Micha-Wiss » 10.07.2012, 11:26

Hallo an alle (auch ehemaligen) Lidl-Beschäftigten!

Ich bin auf der suche nach Informationen über Arbeit und Management in Lidl-Filialen - U.a. zu folgenden Fragen:

- Wieviele Stellvertretende FilialleiterInnen hat eine Filiale; arbeiten diese voll- oder teilzeit?

- Welche Qualifikation braucht eine Kassiererin, die als Vertretung arbeitet; wird das irgendwie dokumentiert? Wie viele mögliche Vertretungen gibt es in einer Filiale?

- Arbeitszeiterfassung und Rüstzeiten: Sind Umziehen oder das Vorbereiten der Kasse (offiziell) teil der bazahlten Arbeitszeit?

- Minijobber als Abschachtelhilfen: Wie viele sind das in einer Filiale; erfolgt die Bezahlung nach Tarif? Werden auch komplette Paletten verräumt?

- Man hört, dass Lidl (leicht) über Tarif bezahlt. Worin liegen die besonderen Leistungen?

- Herr Gehrig hatte angekündigt, Lidl wolle grundsätzlich mindestens 10 €/Stunde bezahlen; hat Lidl das umgesetzt?

- Sind Überstunden eher begehrt (um das Einkommen aufzustocken)? Läuft dere Verteilung (Anzahl und Lage) fair ab? Wer wird da warum berücksichtigt?

- Arbeitsanweisungen oder Selbstorganisation: Werden Arbeitsaufgaben von der/dem Filialverantwortlichen detailliert vorgegeben, oder ergibt sich das eher spontan im Team?

Mir ist klar, dass insbesondere die letzten Fragen sehr allgemein und subjektiv sind und dass es zwischen den Filialen große Unterschiede geben kann. Alle Informationen und Bewertungen würden mich daher sehr interessieren.

Ganz herzlichen Dank! Micha



miggy21
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Re: Geschäftsmodel Lidl (Filial-Ebene)

Beitrag von miggy21 » 10.07.2012, 12:39

Würd mich auch sehr interessieren (Hab auch intenresse bei lidl)


Man liesst oft dass die VL recht radikal sind, stimmt das oder ist es halt wie bei jedem anderen LEH?



Yoshy
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Re: Geschäftsmodel Lidl (Filial-Ebene)

Beitrag von Yoshy » 12.07.2012, 22:04

Hallo Micha-Wiss
Ein Haufen Fragen, ich geh mal Punkt für Punkt durch, sofern es mir möglich ist.

Wie du bereit selbst schreibst, gibt es in den einzelnen Filialen grosse Unterschiede, das kann von Ort zum Nachbarort schon wieder ganz anders aussehen, so ein Strubbelkopp sagte mal "alles ist relativ"

[quote]Wieviele Stellvertretende FilialleiterInnen hat eine Filiale; arbeiten diese voll- oder teilzeit?[/quote]

In meinem Markt bin ich als Filialleiter die einzige Vollzeitkraft, alle Mitarbeiter haben minimum 80h-Verträge.
Ich habe 3 Stellvs, die mich nahezu vollwertig langfristig ersetzen könnten, also inkl Bestellungen, Personalplanungen, Filialkonto usw, falls mir tatsächlich mal was passieren sollte. Urlaub überbrücken klappt so recht gut.
Weiterhin aber, sind fast alle meine Mitarbeiter in der Lage, Kurzzeitvertretungen machen zu können.
Soll heissen, ich kann denen den Laden für 3-4 Stunden anvertrauen, für den allerschlimmsten Fall, dass meine 3 eigentlichen Stellvertreter gleichzitig ausfallen, oder mal ne Schulung für sie ansteht.

In dem Zusammenhang:
[quote]- Welche Qualifikation braucht eine Kassiererin, die als Vertretung arbeitet; wird das irgendwie dokumentiert? Wie viele mögliche Vertretungen gibt es in einer Filiale?[/quote]
Theoretisch ist es also möglich, dass jeder Kassierer und jede Kassiererin auch Stellvertretung sein kann. In der Praxis eher unüblich, aber möglich.
Wichtig ist dabei für mich persönlich, dass die Person die Zusammenhänge im Markt ein wenig überblicken kann, gut mit den Mitarbeitern umgehen kann, also auch in der Lage ist, zu sehen, was grad wichtig ist, Arbeiten delegieren und kontrollieren zu können, in harten Momenten ruhig bleiben zu können, mit der Technik umgehen zu können... Tausende kleine Punkte irgendwo.
Rein Formell kommt dazu, dass eine gültige Ersthelfer-Lizenz vorliegen muss, und dass die Person einen OTC-Schein für die freiverkäuflichen Arzneimittel besitzt.
Dokumentiert wird das nicht grossartig.
Sicher gibt es eine Liste beim Wachdienst für jede Filiale, und sicher auch beim Verkaufsleiter, aber, für uns vor Ort eher uninteressant.

[quote]- Arbeitszeiterfassung und Rüstzeiten: Sind Umziehen oder das Vorbereiten der Kasse (offiziell) teil der bazahlten Arbeitszeit?[/quote]´
In aller Regel treten wir in Dienstmontur an. Umziehen ist selten.
Wenn wir die Filiale betreten, gehts direkt in den Aufenthaltsraum. Kaffee kochen, noch bissle klönen, um Punkt 6 wird angestempelt, vorher ist nicht so dolle wegen Nachtarbeitsregeln. Und danach gehts los, inkl. Kasse einzählen usw. Ebenfalls abends wird erst abgestempelt, wenn alle Arbeiten durch sind, also inkl Kassenabrechnung, evtl Preisschilder stecken usw.
Allerdings, zum Schichtwechsel mittags handhaben wir es so, dass die Spätschicht 5 Minuten vorher schon da ist, und statt allein im Aufenthaltsraum zu warten bis es bspw 2 Uhr ist, schon mal vorher die Kasse vorbereitet, um der Frühschicht ein möglichst zeitnahen Feierabend zu gewähren.
Wenn nämlich um 2 Uhr erst gestempelt-eingezählt wird, kann es mit dem 14Uhr Feierabend schon mal bis 14.10 dauern, was zwar auch bezahlt wird dank Stempeluhr halt, aber auch nicht so prickelnd ist.

[quote]Minijobber als Abschachtelhilfen: Wie viele sind das in einer Filiale; erfolgt die Bezahlung nach Tarif? Werden auch komplette Paletten verräumt?[/quote]
Die Bezahlung ist knapp über Tarif wegen der sog. LIDL-Zulage, aber nichts weltbewegendes. Will mich da auch nicht festlegen, meine Filiale hat LEIDER keine MiniJobber-Stelle.
Es ist abhängig davon, wie die Bedürfnisse des Marktes sind.
Um Beispiele zu nennen: Ein Markt im Nachbardorf hat 2 400€-Kräfte, die je 2x die Woche dort nur das Trockensortiment in die Regale knallen.
Ein weiterer Markt im gleichen Ort hat eine Kraft, die Freitags und Samstags zu den Spitzenzeiten die Hauptkasse übernimmt.
Dann gibts hier eine Filiale in der Nähe, wo die 400€-Kraft montags und Donnerstags morgen eingesetzt wird, um die WerbeArtikel-Aufbauten zu leiten.
Noch ein weiterer hat eine Kraft, die 2x die Woche einfach nur zur Reinigung kommt, und nebenbei in der Zeit Springerkasse macht.

[quote]- Herr Gehrig hatte angekündigt, Lidl wolle grundsätzlich mindestens 10 €/Stunde bezahlen; hat Lidl das umgesetzt?[/quote]
Auf den Einstellungsplakaten hier in der Umgebung, wie auch in den Anzeigen steht das immer gross dabei mit den 10 Euro, ich denke, das hat sich durchgesetzt.

[quote]- Sind Überstunden eher begehrt (um das Einkommen aufzustocken)? Läuft dere Verteilung (Anzahl und Lage) fair ab? Wer wird da warum berücksichtigt?[/quote]
Überstunden sind in aller Regel ziemlich begehrt. Grad im Moment kommen sie aber nicht all zu häufig vor, insgesamt wurde in den letzten 2 Jahren viel eingestellt, viele Azubis sind dazu gekommen, viele Märkte haben eher eine Kraft zuviel als zu wenig.
Das nimmt aber auch den Druck aus Urlaubsphasen bspw, wo vorher toitoitoi bloss niemand krank werden durfte, weil eh schon jeder ne 5-Tage-Woche hatte.
Das ist nun deutlich entspannter.

Bei der Verteilung läuft es, in Ermangelung eines besseren Wortes, meiner Meinung nach "menschlich" ab.
Angenommen ich hab eine Krankmeldung hier, oder eine Sonderaufgabe, die mit der Normalbesetzung nicht schaffbar ist, heisst ja automatisch für jemand Überstunden. Wen ruf ich zuerst an als Filialleitung/vertretung in dem Moment?
Aus dem Bauch heraus jemanden, wo ich weiss, dass ich in 99% der Fälle eine Zusage bekomme. Warum erst 4-5 Mitarbeiter abklappern, wenn ich weiss, XY sagt aus der Pistole "ja, bis gleich".
Oder, wenn es anspruchsvoller wird, hol ich mir die Person ins Boot. der ich am ehesten zutraue, mit der Situation fertig zu werden.

Weiterhin, verteil ich Überstunden schlicht und ergreifend nach Fleiss. Klingt doof, aber wenn ich weiss, in 2 Wochen hab ich 30 Stunden mehr zu verplanen als wie ich eigentlich bräuchte, um meine Leute an ihr Grundkontingent zu bringen, dann lass ich die Personen mal 1-2 Stunden länger da, sofern sie wollen, die mir in letzter Zeit einfach positiv aufgefallen sind.
Meine Mädels wissen das, ich geh damit offen um, und kann das auch begründen, und, für uns funktioniert das.

[quote]Arbeitsanweisungen oder Selbstorganisation: Werden Arbeitsaufgaben von der/dem Filialverantwortlichen detailliert vorgegeben, oder ergibt sich das eher spontan im Team?[/quote]
Situationsabhängig.
Grundsätzlich gibt es sowas wie einen roten Faden für jede einzelne Filiale.
Jeder Mitarbeiter weiss, auch ohne detaillierte Vorgabe, was er ungefähr wann zu tun hat, um den Tag geregelt über die Bühne zu bringen.
Wenn irgendwas "Aussergewöhnliches" im Raum steht, wird eh meist ein weiterer Mitarbeiter herangezogen, der dann speziell dafür zuständig ist.
Wenn es mal gelingt, Freiräume oder -zeiten rauszuarbeiten, gibt es meinerseits meist detaillierte Anweisungen, wofür dies genutzt werden könnte.
Ich hoffe, ich hab die Frage richtig verstanden, bin da nicht ganz sicher.


Ganz schönen Roman zusammengeschrieben^^,
aber ich hoffe, ich konnte dir die meisten Fragen ausreichend beantworten.

Und, was immer dazugesagt sein muss, so schaut es in meiner Bude aus, so funktioniert es hier vor Ort für uns. Das kann 10Km weiter schon wieder ganz anders aussehen, was ich so aber aus der näheren Umgebung mitbekomme, ist es rundrum zumindest sehr ähnlich wie hier.

mfG
Yoshy



Micha-Wiss
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Re: Geschäftsmodel Lidl (Filial-Ebene)

Beitrag von Micha-Wiss » 13.07.2012, 12:44

Hallo Yoshy

Ganz ganz herzlichen Dank für Deine ausführliche und sehr informative Antwort.

Es scheint wirklich große Unterschiede zwischen den Regionen und Filialen zu geben. In einer Region wurde mir z.B. gesagt, dass nur Schüler/Studenten oder Rentner als Minijobber eingesetzt werden, und dass diese von den FL eingestellt werden; das scheint in Deiner Region ganz anders zu sein.

Sehr interessant fand ich auch Deine Beschreibung der Arbeitsplanung. Du schreibst von einem 'roten Faden'; bezieht sich das auf die Gesamtheit der Arbeitsabläufe in der Filiale und jeder macht dann (ganz flexibel) das was gerade ansteht - oder haben auch einzelne Mitarbeiter ihre eigenen spezialisierten Arbeitsfelder/aufgaben (über 1te, 2te etc. Kasse hinaus)?

(Eigentlich könnte ich ja immer weiter fragen - aber das lasse ich jetzt mal.)

Nochmal ganz herzlichen Dank - Micha-Wiss



Yoshy
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Re: Geschäftsmodel Lidl (Filial-Ebene)

Beitrag von Yoshy » 13.07.2012, 21:36

Dieses Konzept, Minijobber nur aus den genannten Personengruppen zu rekrutieren hab ich auch schon gehört,´scheint in Süd-Deutschland und in grossen Teilen der neuen Bundesländer ganz gern so gehandhabt zu werden.

Persönlich finde ich aber, das hat einen komischen Beigeschmack, wahrscheinlich einfach, weil ich es hier so nicht kenne, und mir auch nicht immer praxistauglich vorstellen kann.
Damit will ich nicht ausdrücken, dass ich Schülern, Studenten, oder auch Rentnern das nicht zutraue, im Gegenteil, aber irgendwie fühlts sich komisch an.

Ebenso mit der Einstellung durch den FL selbst.
Hier, in NRW übrigens, stellt der Verkaufsleiter in der Regel das Personal für die Filialen ein, nach Absprache und Einschätzung mit dem FL.
Es gibt zwar auch Filialleiter-Verträge, die Einstellungen und auch Entlassungen beinhalten, die sind aber meiner Meinung nach eher die Ausnahme.
Ich meine, das nennt sich dann hier regional auch Filial-Manager statt Filial-Verantwortlicher/leiter.


Dieser "rote Faden" wurde vor einiger Zeit durch die Filialleiter individuell erstellt. In der Grundform stellt er einfach einen Leitfaden dar, welche Grundaufgaben wann zu erledigen sind.
Ein Beispiel für die Grundform:
6.00 Betreten der Filiale, Überprüfung der Kassendaten, Kassen einzählen, Annahme Obst und Gemüse...
6.30 Verräumung Obst und Gemüse, Verräumung Zeitschriften, Bake-Off..
...
Eine ganz grobe zeitliche Gliederung halt für jeden Wochentag allgemein.

Wenn das gut durchdacht und formuliert ist, funktioniert es gar so weit, dass bspw die Teams zweier Filialen von heut auf morgen jeweils in die andere Filale "umziehen", und dort ohne weiteres den Betrieb geregelt führen können.

Also so "ganz flexibel", wie du es ansprichst ist es nicht. Zumindest nicht, wenn man sich stumpf an diesem Faden langhangelt.

Flexibler wird es erst, wenn dieses Grundgerüst quasi nur die Basis darstellt, einzelne Verantwortungsbereiche aber verteilt werden.
So haben wir hier in der Region inzwischen sog. Spezialisten-Posten.
Als Beispiel den Frische-Spezialisten, Non-Food-Spezialisten, Kassen-Spezialisten je Schicht.
Diese Mitarbeiter sind eigenverantwortlich für die diversen Bereiche, und dürfen, bzw sollen sich aus dem starren Grundschema des "roten Fadens" lösen.
Also statt "10.30 Verräumung Trockensortiment" schlicht auch sagen: "ist nicht, ich brauch jetzt geschätzt 2 Stunden, um das Non-Food auf Vordermann zu bringen".
Wenn dieses Spezialisten-Konzept in der Filiale richtig "gelebt" wird, gibt es da also schon ne grosse Flexibilität und auch Individualität für die einzelnen Mitarbeiter.
Ich find das Konzept, wenn auch grad noch in den Kinderschuhen, sehr interessant, es ist manchmal sehr überraschend, Mitarbeiter, die man als "Standard-Kassse 1, die kann ja sonst nicht so viel", auf einmal ganz neu einschätzen muss, wenn man ihnen die Chance gibt, mal nen kompletten Teilbereich des Marktes eigenverantwortlich zu managen.

[quote](Eigentlich könnte ich ja immer weiter fragen - aber das lasse ich jetzt mal.)[/quote]
Bitte, immer frei von der Leber weg.
Du siehst zwar selbst, so ab und an weiss ich nicht immer total konkret zu antworten, weil grad sich was verändert, neue Konzepte probiert werden, oder, weil ich einfach auch manchmal nur für 1000m² antworten kann, auf denen ich werke, aber, und jetzt wirds pathetisch[:)], dieses Forum lebt von der Beteiligung der einzelnen.
Meiner Meinung nach ist es zu still hier, und gute Fragen könnten mal wieder ein wenig Schwung reinbringen.

MfG
Yoshy



Micha-Wiss
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Re: Geschäftsmodel Lidl (Filial-Ebene)

Beitrag von Micha-Wiss » 15.07.2012, 18:32

Hallo Yoshy

Deine Antwort ist wieder sehr spannend. Und danke für die Ermunterung weitere Fragen zu stellen - was ich gerne tue: Für mich sieht es so aus, als ob es bei Lidl in der Arbeitsorganisation große Veräbderungen gibt (oder kürzlich gegeben hat). Seit wann gibt es denn zum einen diese Leitfäden und zum anderen diese Spezialisierung? Ist das inzwischen fest etabliert oder ist das noch im Pionierstadium?

Der Leitfaden müsste ja auch die Personalbesetzung beinhalten. Werden die Leitfäden von weiter oben (etwa vom Verkaufsleiter) abgesegnet, gibt es einen Austausch zwischen den Filialen in Richtung eines 'best practice', einer besten Lösung?

Die Sezialisten-Posten: Sind das abgegrenzt definierte Aufgaben(bereiche), die jeweils in einer Schicht von einem Mitarbeitern je nach Verfügbarkeit (und Fähigkeit) ausgeführt werden; wobei ein Mitarbeiter diese Rolle an einem anderen Tag wechseln kann -- oder nehmen einzelne Mitarbeiter (unter anderem) diese besonderen Aufgaben kontinuierlich und verantwortlich über einen längeren Zeitraum hinweg wahr? Sind oder werden die Mitarbeiter gezielt für diese Funktionen geschult? Sind sie für eine solche Funktion jeweils allein verantwortlich, oder haben sie sogar (eine gewisse) Weisungsbefugnis gegenüber anderen, die auch in diesem Bereich arbeiten?

Von außen sieht es so aus, als ob sich Lidl dem Organisationsmuster eines Supermarkts annähert (vielleicht auch den 'softeren' Discountern wie Netto). Auch sieht es so aus, als ob mit einem festen Leitfaden (Arbeitsplan) und mit einer Aufgabenspezialisierung immer auch etwas Flexibilität verloren geht, die doch bisher eine der Stärken der Arbeitsorganisation der Discounter war.

Übrigens: Die Minijobber, die von den FL eingestellt werden, kommen nur für ca. 2 Stunden am Tag und arbeiten als 'Abschachtelhilfen', also nicht an der Kasse und auch nicht im Lager.

Beste Grüße, Micha-Wiss



miggy21
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Re: Geschäftsmodel Lidl (Filial-Ebene)

Beitrag von miggy21 » 15.07.2012, 20:51

Für mich hat Lidl in den letzten 2-3 Jahren massiv aufgeholt gegenüber der Konkurrenz. Lidl Deutschland hat für mich aus gesehen, das viel bessere Sortiment, Ladenbild, neue Läden.

Aldi Nord (wohne in CH, sehr nah zur DE Grenze) sehen ich meistens nur aus dem Internet, für mich wirkt die Läden veraltet, sehr farblos. Aldi Süd eher aufgeräumter, sauberer, halt einfach moderner. Nicht desto trotz muss ich sagen, dass Lidl und Aldi Filialen in der Schweiz optisch viel viel attraktiver aussehen, als es ihre Deutschen Kollegen sind.



NettoGhetto
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Re: Geschäftsmodel Lidl (Filial-Ebene)

Beitrag von NettoGhetto » 16.07.2012, 06:06

@ Miggy

Aldi ist aber inzwischen dabei, seine Läden zu renovieren. In "meinem" Aldi gab es zum Beispiel vor kurzem eine, für Aldi, große Umbauaktion, obwohl der Laden erst vor ca. 5 Jahren eröffnet wurde.

Normal war es so, wenn man im Markt war, ging es ca 8 Meter nur gradeaus - inzwischen sind dort Durchgänge.
Früher waren die Preisschildleisten im typischen Aldi-Braun, inzwischen sind sie grau.
Und die Obst/Gemüse-Theke wanderte in Richtung Kassenzone.

Alles in allem sind das nur Kleinigkeiten, für Aldi sind das schwerwiegende Revolutionen. Also abwarten, Aldi merkt, dass sie Geld verlieren - und deswegen Kämpfen sie !



Yoshy
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Re: Geschäftsmodel Lidl (Filial-Ebene)

Beitrag von Yoshy » 18.07.2012, 00:21

Ja, hier in Ecke reisst der ALDI auch einige Filialen um, und ich muss sagen, das macht was her. Optisch einen so deutlich hochwertigeren Eindruck zu dem vorher, das hat was.
Aber auch so einige Sortimentsentscheidungen, sei es so profan wie das Original Nutella(zwar schon einige Zeit, aber dennoch, muss mal gesagt sein), aber auch einige andere Listungen von Markenartikeln, da entwickelt sich einiges, und es ist schön anzusehen, dass sich da nicht auf dem bisher errungenen Erfolg ausgeruht wird.

@Micha-Wiss
Es stellt sich exakt so dar, wie du es ansprichst. in den Arbeitsstrukturen beim LIDL ist einiges im Umbruch, und ja, wie du es selbst sagst, einige Regionalgesellschaften machen da den Pionier und testen, während andere u.U. was anderes testen, oder einfach noch Business as usual fahren.

Zuerst mal zum Spezialistenkonzept:
In unserer Region ist das ein grosses Thema seit, lass mich nicht lügen, plusminus 2 Jahren.
Vorher hat man zwar auch schon einzelne Bereiche delegiert, aber das war filialindividuell, nun steckt da mehr Plan hinter.

-Grundsätzliches:
Der Filialleiter verteilt bei der Erstellung der Arbeitspläne die einzelnen Posten auf die verschiedenen anwesenden Mitarbeiter.
Diese Mitarbeiter sind eigenverantwortlich für ihre Bereiche, und ja, sie sind auch weisungsbefugt.
Natürlich heisst das nicht, der, sagen wir mal Non-Food-Spezialist, beordert jetzt alle anwesenden Mitarbeiter dazu, die Ware alphanumerisch durchzusortieren. Klar, das reguläre Tagesgeschäft hat weiterhin Priorität.
Aber es geht so weit, dass der Spezi sagen kann: "Um hier wirklich klar Schiff zu bekommen, brauch ich heut oder morgen einen Mitarbeiter zusätzlich, ca 3 Stunden"
Natürlich in Rücksprache mit dem FL, der natürlich auch immer auf seine Kennzahlen schielt, aber, sofern es machbar ist, wird dann tatsächlich jemand zusätzlich bestellt, der dann zusammen mit dem Spezi in dessen Bereich fungiert.
Diese Spezialistenposten werden von Tag zu Tag, wie auch natürlich von Schicht zu Schicht neu besetzt. Grad in Märkten, wo viele MA mit Teilzeitverträgen arbeiten, ist es klar, dass diese nicht 6 Tage/Woche diesen Posten besetzen können. Daher gibt es eine Rotation.

Wie du selbst es ansprichst, hier spielt die "FÄHIGKEIT" eine große Rolle.
Nehmen wir als Beispiel den O+G-Spezialist.
Klar, jeder MA kann einen faulen Apfel erkennen.
Aber, nicht jeder hat das Fingerspitzengefühl, für jedes Obst und jedes Gemüse zu differenzieren verkaufsfähig-Abschrift.
Um Beispiele zu nennen, sei es der Fenchel, der so und so intensiv riechen muss, um noch frisch zu sein.
Die Wassermelone, die sich beim Klopfen genau so und so anhören muss, die Kiwi, die genau so weit beim Druck nachgeben darf, oder die Ananasblätter, die genau so leicht zupfbar sein müssen.

Oder der Non-Food-Spezialist.
Es gibt MA, die können einen Ladenhüter so darstellen, dass der auf einmal ein richtiger Renner-Artikel wird. Wie auch immer sie es anstellen, ab und an kann man da nur staunen, wie die die Strecke auffrischen, und der Umsatzanteil anschliessend sich ver-x-facht.
Nach einiger Zeit kristallisiert sich heraus, hier ist jemand sehr gut darin, diesen Verkaufsbereich zu betreuen.

Schulungen
Schulungen gibt reichlich, manchmal mehr als mir lieb ist.
So hat man Tage, wo alle O+G-Spezialisten zu Seminaren geladen werden, wo es schlicht darum geht, die Qualität einzelner Artikel zu bewerten.
Flachsig gesprochen: "Klar ist es interessant zu wissen, wie weit sich eine Gurke verbiegen lassen darf, bevor sie als nicht mehr frisch angesehen wird" aber, für die Personalplanung ist das gelegentlich unlustig." [:o]

-Fazit:
Dieses Konzept hat Potential, und ich denke, nach und nach wird das auf alle Regionalgesellschaften auswachsen.
es ist einfach "krass", in Ermangelung eines besseren Ausdrucks, zu sehen, wo die nie erwarteten Stärken mancher MA liegen, und wenn man mithilfe dieser Idee hingeht, und auslotet, wer was so richtig derb drauf hat, da steckt ne Menge drin.

-Persönliche Meinung:
Ich lob dieses Konzept hier gen Himmel, ich halt es echt für das Ei des Kolumbus, ABER:
all das funktioniert, wenn es angegangen wird, für Filialen, deren Umsatzstärke, oder Personal/Schicht-Einteilung es hergibt.
Fur Läden, wo grundsätzlich mindestens 3 Mitarbeiter anwesend sind, kann das echt ne Chance sein, noch richtig Progress zu machen.
Leider gibt es noch unzählige Filialen, die 1-1-besetzt grad mal den Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten können, weil der Umsatz und die Leistungs-Anforderungen nicht mehr hergeben.
Für diese Filialen ist dies hier ein lauer Wind, schön auf dem Papier, aber, nicht umsetzbar.

Grundsätzlich war das Konzept mal angedacht, dem FL(Stellv) Freiraum zu schaffen, denn, soweit ist es richtig:
wenn ich mich nicht mehr um O+G, Non-Food, Kasse und Frische kümmern muss, hab ich Freiräume, die ich dann nutzen kann für "mal in Ruhe" Büroarbeiten, Ausbildungseinheiten usw.

Zum "roten Faden"
Ich vermute, ich hab den roten Faden hier zu sehr in den Fokus gerückt.

Nüchtern betrachtet ist er nicht mehr, als wie der Name sagt, ein grober Leitfaden, was wann zu tun ist.
Er zeigt einfach filialindividuell auf, was wann idealerweise zu tun ist.
In aller erster Linie dient er dazu, "schwachen" Vertretungen an die Hand zu geben, was sie im Besten Fall wann machen.
Denn, es kann je nach Lage schon einen IMMENSEN Unterschied ausmachen, ob ich meine "Kasse 1" um 9.00, 9.30, oder um 10.00 ihre Pause antreten lasse.
Sicher ist das nicht ultraflexibel, aber, ich hab mir ne Menge Arbeit gemacht, alle Daten zu analysieren, und anhand dessen kann ich nahezu versichern, eine Mitarbeiterin, die Dienstag um 9.30 ihre Pause antritt, wird sie sicher über die gesamte halbe Stunde ungestört durchziehen können, während eine Mitarbeiterin Freitag eher bis 10.15wartet, sonst würd ich meine linke Backe dafür verwetten, ich komm in die Not, sie reinklingeln zu müssen.
Weiterhin ist der Leitfaden dann nützlich, wenn die Filiale durch komplett "fremdes" Personal betrieben wird.
Das kommt recht selten vor, aber, um ein Beispiel zu nennen, neulich hab ich die komplette Stamm-Besetzung für knapp 7 Stunden in eine andere Filiale geschleppt und geschult für BAKE-OFF, und die Vertretung hatte nen Plan in der Hand, an dem sie sich runter arbeiten konnte.
wie gesagt, "roter Faden" ist nichts besonderes, jeder FL sollte sowas mindestens im Kopf haben für seine Bude, hier ist es einfach ausformuliert, und zu Papier gebracht.

Na denn, ich hoffe, das hier ist jetzt nicht zu wirr, ich hab´s geschafft, innerhalb der Formulierung dieses Beitrags einmal den Rechner komplett zum Stillstand zu bringen, nur weil ich nen Lautsprecher-Stecker gezogen hab...und danach knapp die Hälfte des Textes verschwinden zu lassen, wie auch immer ich das angestellt hab^^ jedenfalls, es ist 1.12, angefangen zu formulieren hab Ich um 10 ca, ich hoff einfach mal, dass dennoch verständlich ist, was ich hier so fasele.
MfG
Yoshy



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Re: Geschäftsmodel Lidl (Filial-Ebene)

Beitrag von NettoGhetto » 18.07.2012, 00:42

@ Miggy/Yoshi

Klar Yoshi, mein Beispiel mit dem Gang, bzw. den Preisleisten, das sollte auch nur ein kleiner Hinweis sein. Sicher kann man sich nun ewig auslassen, zB. über die Einführung von mehr Markenware im Aldi-Sortiment, dass Aldi die Läden nun besser aus leuchtet/ausleuchten möchte (trotzdem hatte ich das Gefühl, der Laden ist inzwischen wieder genauso dunkel beleuchtet wie vorher...) oder das Aldi inzwischen eine Ecke eingerichtet hat, in der frische (Aufback ?)-Backwaren verkauft werden.

Alles in allem sind das ja Sachen, die in der Branche gang und gäbe sind - aber Aldi ist nicht "Die Branche", Aldi ist eher "Mia San Mia" - ich erinnere da mit an die Einführung der EC-Zahlungen, die erst WEIT in den 2000er-Jahren passierte...ca 10 Jahre nachdem alle anderen das hatten - inkl Lidl.



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